Ballaststoffe: Die unterschätzten Helden deiner Ernährung
Bitte nicht vom Namen irreführen lassen, die oft unterschätzen Ballaststoffe sind vor allem in Sachen gesunder Ernährung hilfreiche Schwergewichte, die in jeden Speiseplan gehören. Hier erfahrt ihr alles über die Verdauungswundermittel, die vor zahlreichen Erkrankungen schützen, und wie ihr euch ausreichend damit versorgen könnt.
Im Überblick:
- Was sind Ballaststoffe?
- Welche Arten davon gibt es?
- Gesundheitliche Vorteile
- Empfohlene Menge
- Können zu viele Ballaststoffe schaden?
- Ballaststoffreiche Lebensmittel
- Praxistipps inkl. Ernährungspläne mit Rezepten
Jetzt mal ehrlich: Im Vergleich zu Vitaminen und Mineralstoffen sind Ballaststoffe so etwas wie die Underdogs der gesundheitsbewussten Ernährung. Das zeigt schon die Versorgungssituation in Deutschland. Die empfohlene Menge von mindestens 30 g pro Tag wird selten erreicht. Laut der Nationalen Verzehrstudie II liegt die durchschnittliche Ballaststoffzufuhr von Frauen bei 23 g pro Tag und bei Männern bei 25 g pro Tag. (1) Da geht noch was!
Was sind Ballaststoffe überhaupt?
Dabei handelt es sich um unverdauliche Nahrungsbestandteile, die fast ausschließlich in pflanzlichen Lebensmitteln vorkommen. Sie können von unseren körpereigenen Enzymen im Dünndarm nicht vollständig abgebaut werden und gelangen somit nur teilweise verdaut oder unverdaut in den Dickdarm. (2)
Fun Fact: Ihren Namen verdanken Ballaststoffe tatsächlich ihrer Unverdaulichkeit, der man früher keine besondere Bedeutung zugeschrieben hat. Ganz im Gegenteil: Es wurde angenommen, dass Ballaststoffe den Körper nur zusätzlich belasten.
Welche Arten von Ballaststoffen gibt es?
Die meisten sind unverdauliche Kohlenhydrate (z. B. Zellulose, Hemizellulose und Pektin). Die einzige Ausnahme bildet Lignin, das chemisch gesehen nicht zu den Kohlenhydraten gehört. Ansonsten werden zwei Gruppen unterschieden:
Lösliche Ballaststoffe: Wie der Name bereits sagt, lassen sich diese in Wasser lösen und können somit teilweise verdaut werden. Sie dienen als wertvolles „Futter“ für unsere guten Darmbakterien und unterstützen somit die Gesundheit unserer Darmflora. (3)
Unlösliche Ballaststoffe: Obwohl nicht wasserlöslich, besitzen sie eine hohe Quellfähigkeit. Mit ausreichend Flüssigkeit quellen sie im Magen auf und sorgen für eine langanhaltende Sättigung. Durch Wasseraufnahme sorgen sie zusätzlich dafür, dass sich das Volumen unseres Darminhaltes erhöht und sich somit reguliert. Bedeutet: Sowohl Verstopfungen als auch Durchfälle können mit unlöslichen Ballaststoffen reduziert werden. (3)
Gesundheitliche Vorteile von Ballaststoffen
Neben den schon genannten positiven Auswirkungen auf unseren Magen-Darm-Trakt, sind viele weitere Gesundheitsvorteile belegt worden. Tatsächlich soll eine erhöhte Ballaststoffaufnahme das Sterblichkeitsrisiko und auch das Risiko für folgende Erkrankungen verringern. (2)
Adipositas: Durch das erwähnte Quellvermögen kann mit ballaststoffreicher Nahrung die Sättigungswirkung erhöht werden, ohne dass ihr viele Kalorien zu euch nehmen müsst. Und die verzögerte Magenentleerung verlangsamt den Blutzuckeranstieg, was wiederum die Fettspeicherung ausbremst. (3)
Diabetes mellitus Typ 2: Eine hohe Zufuhr an Vollkornprodukten und Ballaststoffen aus Getreide kann das Diabetesrisiko verringern. Der Grund hierfür scheint eine verbesserte Insulinsensitivität zu sein. (3)
Bluthochdruck: Eine erhöhte Ballaststoffaufnahme in Form von Vollkornprodukten sowie Obst und Gemüse verringert das Risiko an Bluthochdruck zu erkranken. (3)
Koronare Herzkrankheit: Eine Verengung der Koronararterien, die den Herzmuskel Sauerstoff zuführen, kann zu einem Herzinfarkt und langfristig auch zu Herzschwäche bzw. einer schlechten Sauerstoffversorgung führen. Durch eine erhöhten Ballaststoffzufuhr lässt sich auch hier vorsorgen. Der positive Einfluss auf den Blutdruck, die Insulinsensitivität und Glukosetoleranz sorgt dafür. Aber auch die Verringerung des Gesamt- und LDL-Cholesterins durch mehr Ballaststoffe wirkt präventiv. (3)
Krebserkrankungen: Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind etwa ein Drittel der Krebserkrankungen auf die Ernährung und den Lebensstil zurückzuführen. Dabei spielt Übergewicht eine besondere Rolle. Eine energiearme, ballaststoffreiche Ernährung kann dem vorbeugen. Spannend in diesem Zusammenhang: Die mikrobielle Fermentation der Ballaststoffe sorgt für die Entstehung kurzkettiger Fettsäuren im Dickdarm und diese können möglicherweise die Schädigung des Erbguts minimieren, die Aktivität von Entgiftungsenzymen steigern und das Wachstum von Darmtumorzellen hemmen. (3)
Empfohlene Tagesmenge
Die Empfehlung liegt laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für Erwachsene bei mindestens 30 g Ballaststoffe pro Tag. Das entspricht mindestens 14,6 g je 1000 kcal. Für Kinder und Jugendliche gibt es aufgrund fehlender belastbarer Daten keinen Richtwert. Zur Orientierung verweist die DGE auch hier auf den Wert für Erwachsene. (2)
Dabei sollte etwa eine Hälfte durch Getreideprodukte abgedeckt werden und die andere Hälft durch Obst und Gemüse. In Verbindung mit ausreichend Flüssigkeit kann die schon erwähnte, aus wissenschaftlichen Erkenntnissen abgeleitete Menge, einen sehr positiven Einfluss auf unsere Gesundheit haben. (2)
Können zu viele Ballaststoffe mir schaden?
Eine hohe Aufnahme kann tatsächlich unerwünschte Nebenwirkungen haben. Wie bereits erwähnt dienen Ballaststoffe als Nahrung für unsere guten Darmbakterien. Durch den mikrobiellen Abbau bildet sich Gas. Das kann bei zu hoher Zufuhr kurzfristig zu Blähungen, Völlegefühl, Schmerzen im Magen-Darm-Trakt und Veränderungen des Stuhls führen. (2)
Gut zu wissen! War die Ernährung bisher eher ballaststoffarm, die Zufuhr besser langsam steigern und nicht direkt auf eine hohe Ballaststoffzufuhr umzustellen. Unser Darm braucht etwas Zeit, um sich an die faserreiche Nahrung zu gewöhnen.
Ballaststoffreiche Lebensmittel
In natürlicher Form sind Ballaststoffe fast ausschließlich in pflanzlichen Lebensmitteln und Pilzen zu finden. Die wichtigsten Lieferanten sind verschiedene Obst- und Gemüsesorten, Nüsse und Samen, sowie Vollkorngetreide und daraus hergestellte Produkte.
Besonders Vollkornprodukte sind dabei enorm wichtig. Die schon beschriebenen gesundheitlichen Vorteile, vor allem die Prävention ernährungsmitbedingter Erkrankungen, sind vor allem auf Vollkornprodukte zurückzuführen. (3)
Nachfolgende Tabelle mit den verschiedenen Mehltypen und ihren Ballaststoffgehalten im Überblick zeigt, dass das häufig verwendete Weizenmehl Typ 405 einen vergleichsweise niedrigen Gehalt hat. In Weizenvollkornschrot stecken fast viermal so viele.
Mehltyp | Ballaststoffe | |
Weizen | Type 405 | 2.8 |
Roggen | Type 815 | 6.5 |
Dinkel | Type 630 | 3.7 |
Gerade bei Brot gibt es deutliche Unterschiede. Besonders interessant ist der Vergleich zwischen einer Scheibe Knäckebrot mit Kleie und einem Croissant aus Blätterteig. Beide weisen zwar pro Scheibe bzw. Stück einen Ballaststoffgehalt von 1,5 g auf, der Blick auf den Energiegehalt zeigt aber, dass ein Croissant mehr als das 11-fache an Kalorien besitzt. Wichtig ist es also, sich das Gesamtpaket eines Lebensmittels anzuschauen. Vom Knäckebrot können wir z. B. viel mehr essen und somit auch einen höheren Ballaststoffgehalt aufnehmen.
Brottyp | Ballaststoffe | Energie | Ballaststoffdichte |
1 Scheibe Weißbrot (30 g) | 1.0 | 73 | 13.7 |
1 Scheibe Weizenmischbrot (45 g) | 1.9 | 106 | 17.9 |
1 Scheibe Roggenmischbrot (45 g) | 2.8 | 101 | 27.2 |
1 Scheibe Weizen-Vollkornbrot (50 g) | 3.7 | 102 | 36.3 |
1 Scheibe Roggen-Vollkornbrot (50 g) | 4.1 | 99 | 41.4 |
1 Scheibe Pumpernickel (30 g) | 2.7 | 48 | 56.3 |
1 Scheibe Knäckebrot mit Kleie (10 g) | 1.5 | 32 | 46.9 |
1 Croissant, Blätterteig (70 g) | 1.5 | 357 | 4.2 |
1 Knäckebrot mit Milchanteilen (10 g) | 0.3 | 37 | 8.1 |
Bei Obst und Gemüse gibt es ebenfalls deutliche Unterschiede. Besonders gute Lieferanten sind Hülsenfrüchte wie Mungobohnen, Sojabohnen, Erbsen und Linsen. Aber auch Schwarzwurzeln, Karotten, Grünkohl und Fenchel können uns mit nennenswerten Mengen versorgen. Beim Obst lohnt es sich, zu Beeren zu greifen.
Gemüse | Ballaststoffe | Obst | Ballaststoffe |
Schwarzwurzel, gegart | 18.4 | Himbeere | 4.7 |
Mungobohne, Konserve | 18.0 | Kiwi | 3.9 |
Sojabohnen, gekocht | 10.0 | Johannesbeere | 3.5 |
Erbsen, Konserve | 6.6 | Rhabarber, gekocht | 3.2 |
Linsen, gekocht | 4.3 | Stachelbeere | 3.0 |
Grünkohl, gekocht | 3.5 | Birne | 2.8 |
Karotten, roh | 3.0 | Orange | 2.2 |
Fenchel, gekocht | 2.2 | Erbeere | 2.0 |
Spinat, gekocht | 2.1 | Banane | 2.0 |
Paprika, roh | 2.0 | Apfel | 2.0 |
Pastinake, roh | 2.0 | Mango | 1.7 |
Kohlrabi, gegart | 1.6 | Pflaume | 1.7 |
Spargel weiß, gegart | 1.5 | Weintraube | 1.6 |
Tomaten, roh | 1.2 | Ananas | 1.4 |
Zucchini, gekocht | 1.2 | Grapefruit | 0.6 |
Eisbergsalat | 1.0 | Wassermelone | 0.2 |
Gemüsesaft | 0.3 | Johannesbeersaft, schwarz | 0.0 |
Leinsamen, Chiasamen und Weizenkleie sind sehr beliebte Zutaten, um die Ballaststoffzufuhr zu erhöhen. Da sie jedoch häufig in der Kritik stehen, möchte ich kurz genauer darauf eingehen.
Leinsamen enthalten rund 22 g Ballaststoffe pro 100 g. Allerdings können sie bedeutende Mengen des Schwermetalls Cadmium aus dem Boden aufnehmen und anreichern. Das Bundesamt für Risikobewertung empfiehlt daher, nicht mehr als 20 g Leinsamen pro Tag zu sich zu nehmen. (4) Außerdem enthalten Leinsamen natürliche Inhaltsstoffe (sogenannte cyanogene Glycoside), die in Blausäure umgewandelt werden können. Der Verzehr von bis zu 15 g Leinsamen pro Mahlzeit wird vom BfR aber trotz allem als unbedenklich eingestuft. (5)
Chiasamen sind laut Europäischer Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) gesundheitlich unbedenklich, wenn sie nicht bei oder über 120 °C hitzebehandelt wurden. Zurzeit kann nicht ausreichend belegt werden, ob eine Hitzebehandlung zu erhöhten Acrylamidgehalten führt. Da dies aber der Fall sein kann, dürfen Backwaren wie Kuchen im Verkauf nur eine Menge von bis zu 10 % ganze Chiasamen und kein Chiasamenmehl enthalten. Bei Brot sind bis zu 5 % ganze oder gemahlene Chiasamen zugelassen. (6)
Weizenkleie ist mit 45 g Ballaststoffen pro 100 g eine sehr gute Ballaststoffquelle. Da sie zum Großteil unlösliche, stark aufquellende Ballaststoffe enthält, sollte dazu unbedingt ausreichend Wasser getrunken werden. Sonst kann es kurzfristig zu Magen-Darm-Beschwerden kommen. Da Weizenkleie Phytat (eine chemische Form der Phytinsäure) enthält, sollten täglich nicht mehr als ein bis zwei Esslöffel verzehrt werden. (2) Phytinsäure kommt in Pflanzen als Speicherform von Phosphor vor und bindet verschiedene Mineralstoffe, welche die Pflanze zum Keimen braucht. Beispielsweise wird der für uns sehr wichtige Mineralstoff Zink gebunden, sodass wir diesen nicht mehr aufnehmen können. (7) Bei der genannten Tagesmenge ist dies jedoch unbedenklich. (2)
Wie erreiche ich die empfohlene Menge?
Um die empfohlene Tagesration von mindestens 30 g Ballaststoffen zu erreichen, solltet ihr unbedingt ausreichend Obst und Gemüse essen. Das entspricht etwa drei Händevoll Gemüse, inklusive Hülsenfrüchte und zwei Händevoll Obst. Dabei kann eine Hand Obst auch durch Nüsse und Saaten ersetzt werden.
Wie beschrieben haben die verschiedenen Obst- und Gemüsesorten einen unterschiedlich hohen Ballaststoffgehalt. Wer seine Zufuhr damit bewusst erhöhen möchte, greift zu entsprechenden Sorten (siehe Tabelle oben).
Grundsätzlich gilt natürlich: Ernährung soll Spaß machen und wer auf ausreichend Obst und Gemüse achtet, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur ausreichend Ballaststoffe zu sich nehmen, sondern auch noch viele wichtige Vitamine und Mineralstoffe.
Vollkornprodukte sollte ebenfalls ergänzt werden. Und an dieser Stelle möchte ich euch nochmal ans Herz legen: Insbesondere Vollkornprodukte wirken sich enorm positiv auf unsere Gesundheit aus und spielen eine wichtige Rolle in der Prävention zahlreicher Erkrankungen. Statt Weißmehlprodukten solltet ihr lieber zu den Alternativen aus Vollkorn zu greifen oder euch langsam herantasten. Morgens ein Vollkornbrot und die geliebte Pasta ab und zu einfach durch Vollkornnudeln austauschen.
Mein Tipp: Probiert euch durch! Gerade bei Pasta gibt es eine sehr große Auswahl und der Geschmack variiert teilweise stark. Auch ich musste erstmal ausprobieren, bis ich meine Lieblingsprodukte gefunden habe. Besonders empfehlenswert ist Pasta aus Hülsenfrüchten. Meine persönlichen Favoriten: Nudeln aus roten Linsen oder Edamame.
Zusätzlich kann man sich auch beim Backen nach und nach an Vollkornmehl herantrauen. Dafür eignen sich etwa Obst- und Rührkuchen mit besonders starken Aromen. Aber auch Pfannenkuchen lassen sich damit wunderbar zubereiten. Auf 100 g Vollkornmehl pro Pfannenkuchen kommen bereits 10 g Ballaststoffe. Gerade für Kinder, die Süßspeisen lieben, eine gute Möglichkeit die Ballaststoffzufuhr zu erhöhen. (3)
Gut zu wissen! Für Zöliakie-Erkrankte, die keine glutenhaltigen Produkte zu sich nehmen können, ist es wichtig ballaststoffreiche Alternativen zu finden. Besonders viele Ballaststoffe haben beispielsweise Hanf-, Guarkern-, Leinsamen-, Lupinen-, Mandel-, Kichererbsen-, Soja-, Rote-Linsen-, Erdmandel- und Braunhirsemehl.
Wie ein Tagesplan mit der empfohlenen Menge von mindestens 30 g Ballaststoffen aussehen kann, zeigen folgende Beispiele mit unseren foodfittery Rezepten:
Variante 1: Mischköstlich
| Gericht | Ballaststoffe pro Portion |
Frühstück | Hafer-Granola mit Zimt | 4,6 g |
Mittag | 10 g | |
Abendessen | 17,1 g | |
Gesamt |
| 36,4 g |
Variante 2: Vegetarisch
| Gericht | Ballaststoffe pro Portion |
Frühstück | 9,1 g | |
Mittag | 14 g | |
Abendessen | 14,8 g | |
Gesamt |
| 37,9 g |
Variante 3: Vegan
| Gericht | Ballaststoffe pro Portion |
Frühstück | 6,7 g | |
Mittag | 6,3 g | |
Abendessen | 15 g | |
Gesamt |
| 36,9 g |
Merke: Eine ballaststoffreiche Ernährung mit Vollkornprodukten, Obst und Gemüse hat nicht nur eine positive Wirkung auf unsere Verdauung, sondern kann uns auch vor zahlreichen Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit und Krebserkrankungen schützen.